Der Bau des Albula - Basistunnel ist eine Meisterleistung. Das Zusammentreffen der beiden Stollen mit einer Abweichung von wenigen Zentimetern zeigt die erstklassige Arbeit der damaligen Ingenieure. Wie die Mineure mit Pickel und Schaufel den Tunnel ausheben, ist heute kaum noch vorstellbar.
Bereits um 1898 beginnt das Unternehmen Ronchi Carlotti mit dem Tunnel- bau. Der Ausbruch geht nur mühsam voran, das Terrain ist schwierig und die Arbeit sehr gefährlich.
Ständige Wassereinbrüche bei der Rauwacke Gesteins formation treibt die Bau-firma in den Ruin. 1901 übernimmt die Rhätische Bahn schlussendlich alle Bauarbeiten.
Die sind die wahren Helden, die Gastarbeiter aus Italien
Das Projekt bringt Leben
in das verträumte Preda. Wo einst eine Alpterrasse mit schönen Matten war, steht nun ein Baracken-dorf mit vielen Menschen.
Sechshundert Gastarbeiter sind in Preda stationiert. Auch an den Kehrtunnels und Viadukten unterhalb wird fleissig gebaut. Der Verlag Alterocca Terni widmet diese Karte seinen italienischen Landsleuten.
Im Mai 1902 gelingt der Durchschlag der beiden Richtstollen, 3030m vom Nord- und 2835m vom Südportal entfernt. Der
Tunnel wird ausgemauert und der Oberbau fertig-gestellt. Nun können die
Züge für den Streckenbau
im Engadin durchfahren.
Das Südportal in Spinas trägt noch den Schmuck von der Einweihungsfeier.
Die besseren Unterkünfte
sind den Ingenieuren und Vorarbeitern vorenthalten, die meisten Gastmineure
wohnen in Baracken. Es mussten auch Magazine, Werkstätte, Bauten für Verpflegung der Arbeiter, Badehäuser, Aufenthalts-räume, Schulen, Poststelle etc gebaut werden. Beid-seits des Tunnels entsteht
je eine provisorische Sied-lung für mehrere hundert Bewohner.
Aber: Die Bedingungen sind prekär. Bei Kälte und Nässe ist das Leben in den einfachen Unterkünften hart, das Arbeiten in den Stollen eine Knochenarbeit. Dies wird auch von diversen Medien kritisiert.
Das ist die bekannteste
Ansichtskarte der Durch-
schlagstelle vom 29. Mai 1902. Vorne rechts steht ein Theodolit, welcher für die Vermessungen behilf-lich ist. Dahinter stehen die Ingenieure Bevilaqua und Lienhard, links vor dem Durchstich sitzt der
Sektionsgeometer Graf.
Obwohl das Licht diffus ist, gelingt A. Reinhard eine gut belichtete Auf-nahme.
Die Ingenieure dürfen stolz sein, denn anhand ihren Messungen treffen sich die beiden Stollen am richtigen Ort
auf gleicher Höhe.
Die Gestaltung und die schöne Handschrift machen diese seltene Ansichtskarte attraktiv. Gruppen von Arbeitern posieren vor zwei der grösseren Gebäuden als auch vor dem fertig gemauerten Rundbogen. Mir persönlich gefallen die künstlerisch gestalteten Simon Tanner Karten immer wieder besonders gut.
Die Arbeiten am Tunnelportal
Simon Tanner weiss, dass die Eisenbahn schon bald den Kutschenverkehr ab-lösen wird und hält als Erinnerung diese Szenerie fotographisch fest. Nicht nur die Postillions müssen sich neu orientieren, auch
die Hospiz Gaststätte wird es hart treffen. Die Karte stempelt der Bergüner Post
halter am 08. Juni 1903 ab. Neunzehn Tage später
wird die Bahnlinie offiziell eröffnet..
Seit 1865 überqueren die Postkutschen den Albula-pass. Auf dem Kulm wird angehalten, damit sich die Reisenden und Pferde eine Weile erholen können. Für die 40 Kilometer von Chur nach St. Moritz benötigt
die Kutsche 14 Stunden.
Eine friedliche Stimmung scheint mir auf Reinhardts
Karte Nummer 29 zu sein Einige Gastarbeiter posen für die Aufnahme in der
abendlichen Sonne. Bereits montiert ist das Stations-schild "Preda" und auch
das Schutzdach für den Bahnhofvorstand steht. Im Hintergrund überwachen
die markanten "Giumels"
die Terrasse von Preda.
Die Engadin Press schaut vorbei und interessiert sich
für die aktuelle Situation. Seitlich oberhalb des Por-tals nimmt der Fotograph
ein schön belichtetes Bild
von der Station und dem Mount Rugnux auf. Schon bald baut die Rhätische Bahn die Gebäude zurück und nebst ein paar alten Bildern bleibt nicht mehr viel aus dieser Zeit übrig.
Rechts im Bild sind die Loren und Gleise der Stollenbahn in Richtung Hotel Kulm zu erkennen. Es fehlen der Station die Geleise, Weichen und Signale.
Nun sind wir vor dem fertig gemauerten Portal in Spinas. Es ist eine tolle Karte mit wichtigen Persönlichkeiten. Besonders interessant finde ich die beiden Brandtsche Bohrmaschinen, welche mit einem Wasser-druck von bis zu 100 bar Sprenglöcher in den Fels bohren; falls es die Geologie zu-lässt. Die notwendige Wasserkraft dafür liefert auf der Nordseite der Palpuognasee
in Spinas der Fluss Beverin.
Nach der Eröffnung der Albulabahn am 27. Juni 1903 sind die Baracken verschwunden und mit ihnen die Betriebsamkeit der Baustelle. Das Hotel Preda Kulm hat wieder seine Ruhe. Aber im Juni
2014 startete das Projekt des neuen Basistunnels, welches im Jahr 2026 abgeschlossen sein sollte.
Einmal mehr verwandelt sich der Weiler in eine lärmige Grossbaustelle.
Jetzt fährt die Rhätische Bahn durch den Tunnel. Die Güter sind ausgeladen, die wenigen Reisende ein- und ausgestiegen uns so kann die dampfende Lokomotive den Zug munter ins Engadin ziehen.